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Leitlinien der deutschen Diplomatie im Jahr 2024

Der Russland-Ukraine-Konflikt und der jüngste Konflikt im Gaza-Streifen bleiben kritische Punkte, an denen Deutschland seine Außenpolitik auszurichten sucht. Dies geht aus einem Artikel des Auswärtigen Amtes hervor, in dem auch der Klimawandel und die Suche nach neuen strategischen Partnern erwähnt werden. Überraschenderweise werden nur wenige Zeilen über China und nichts zur feministischen Außenpolitik erwähnt.

Annalena Baerbock se enfrentará a un año que será duro para la diplomacia alemana
Annalena Baerbock steht ein schwieriges Jahr in der deutschen Diplomatie bevor.

 

Mehr Unterstützung und Wiederaufbau der Ukraine

Seit Beginn des Krieges, der aus der Militärintervention des russischen Präsidenten Wladimir Putin hervorging, hat sich die deutsche Diplomatie darauf konzentriert, ihre Verbündeten dazu zu bringen, Putins Vorgehen anzuprangern, um eine starke internationale Verurteilung zu erreichen. Wie die Uruguayisch-Deutsche Gesellschaft für Außenpolitik in ihrem Artikel »Wie sehr unterstützt Deutschland die Ukraine wirklich? Die Zahlen.« feststellt, ist Deutschland nach den Vereinigten Staaten das zweitgrößte Land, das der Ukraine Hilfe geleistet hat (gemessen in Milliarden von Euro).

 

Neue Hilfspakete für die Ukraine und Sanktionen gegen Russland

Die deutsche Regierung hat am 10. Oktober 2023 ein weiteres Hilfspaket für den folgenden Winter angekündigt. Das sogenannte »Winterpaket«, wie Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in Ramstein erläuterte, wird sich auf die Bereiche Verteidigung, Luft, Munition und Waffen im Allgemeinen konzentrieren. Zu dem Paket gehören auch weitere der umstrittenen Gepard-Panzer. Für die Waffenkundigen werden die Verteidigungssysteme PATRIOT und IRIS-T wieder auftauchen.

El Ministro de Defensa Alemán, Boris Pistorius (SPD)
Boris Pistorius (SPD) in Ramstein

 

Kurz gesagt, dieses »Winterpaket« kostete die Regierung eine Milliarde Euro. Für dieses Jahr ist nach Angaben des Außenministeriums eine »Erhöhung der militärischen Hilfe auf rund 8 Milliarden Euro« geplant, doch wird die humanitäre und finanzielle Hilfe nicht erwähnt, die angesichts der Einsparungen, die die Regierung vornehmen muss, und des Wiederaufbaus der Ukraine sicherlich ein entscheidender Punkt sein wird.

 

Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine

Im vergangenen Jahr war die Frage des Wiederaufbaus der Ukraine kaum ein Thema, zumindest hat sich die westliche Diplomatie nicht darauf konzentriert. Die Europäische Union und ihre Mitglieder haben gemeinsam einen dreistufigen Aktionsplan für einen solchen Prozess entworfen.

Ursula von der Leyen en la Primera Conferencia para la Reconstrucción de Ucrania
Ursula von der Leyen auf der ersten »Ukrainischen Wiederaufbaukonferenz« in London. Foto: Europäische Union

 

Deutschland wird im Juni Gastgeber der diesjährigen zweiten »Ukrainischen Wiederaufbaukonferenz« sein, auf der es voraussichtlich um den Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union gehen wird.

 

Verstärkte diplomatische Bemühungen im Nahen Osten

Der Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gaza-Streifen hat die westliche Diplomatie zusätzlich erschwert. Mit zwei offenen Fronten (Russland-Ukraine und Israel-Hamas) und einer dritten, die sich zwischen China und Taiwan auftun könnte, fühlt sich der Westen auf diesem Kriegsschauplatz in einer Welt, die so unbeständig ist wie Schießpulver, nicht mehr wohl. Aus diesem Grund sind sich viele Analysten einig, dass die Diplomatie sich bewegen muss, um eine schnelle Lösung zu erreichen und zu vermeiden, was in der Ukraine passiert, wo Verhandlungen in immer weiterer Ferne scheinen.

In diesem Sinne unternahm die deutsche Diplomatie in den ersten Tages des Jahres 2024 die ersten Schritte, als Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) in den Nahen Osten reiste, um das Risiko eines regionalen Konflikts zu verringern. Die Aufgabe, die Steffen Seibert, deutscher Botschafter in Israel, vor sich hat, wird keine leichte sein und einen Botschafter ohne diplomatische Ausbildung auf eine harte Probe stellen.

Steffen Seibert, el Embajador Alemán en Israel
Steffen Seibert, Deutscher Botschafter in Israel

 

Das transatlantische Bündnis

Es ist kein Geheimnis, dass Deutschland ein wichtiger Partner in der NATO ist. Tatsächlich legt die deutsche Diplomatie großen Wert darauf, diese Beziehungen zu pflegen und ihren Platz auf dem geopolitischen Schachbrett zu behalten. Mit dem Aufstieg der BRICS-Staaten streben Deutschland und der Westen nach mehr Stärke und größerem geopolitischen Einfluss in Gebieten, in denen sie nach und nach gegenüber anderen Mächten wie China an Boden verloren haben, z. B. in Afrika und Südamerika. Einer der Orte, an denen Deutschland eine führende Rolle spielen will, ist Litauen, wo es zusammen mit der NATO versuchen wird, weiterhin Druck auf Russland auszuüben, und in diesem Fall insbesondere auf seinen Partner Belarus. Zu diesem Zweck wird Deutschland versuchen, Truppen in Litauen zu stationieren, um die Sicherheit des Landes weiterhin zu gewährleisten und zur Modernisierung der litauischen Armee beizutragen.

 

Die Klimadiplomatie ist mächtiger denn je

Deutschland ist fast unbemerkt zur treibenden Kraft einer neuen Art von Diplomatie geworden, der Klimadiplomatie. Mit verschiedenen Partnern in der ganzen Welt und strategischen Posten in den Botschaften versucht es seit einiger Zeit, einen Paradigmenwechsel in der Klimapolitik zu erzielen.

An vorderster Front steht dabei zweifelsohne Annalena Baerbock, die seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2022 dieses Thema zu einer zentralen Säule der deutschen Außenpolitik gemacht hat. Die COVID-19-Pandemie und der Krieg zwischen Russland und der Ukraine ließen eine ganzheitliche Entwicklung dieser Ziele nicht zu, aber in diesem Jahr wird es darum gehen, größere Erfolge zu erzielen und neue strategische Partner zu gewinnen. Sicher ist, dass es im internationalen Kontext schwierig sein wird, Verhandlungen über Klimaschutzmaßnahmen zu erreichen. Auch in Deutschland werden es die Inflation, die Unzufriedenheit gegenüber der Regierung und die Haushaltsproblematik schwierig machen, große Ergebnisse zu erzielen, die den Erwartungen entsprechen.

Die internationale politische Lage hat großen Einfluss auf eine solche Politik, die auf eine typische Deindustrialisierung abzielt, was sehr schwierig ist, wenn große Nationen sich gegenseitig militärisch, mit dem damit verbundenen Bedarf an Industrie und Ressourcen versorgen wie nie zuvor. Keine Nation wird bereit sein, Industrie und Sicherheit für Klima-Interessen zu opfern. Das wird die große Herausforderung für Deutschland und seine Partner sein.

 

China: der große Elefant im Raum

Die Diplomatie in Bezug auf China scheint Deutschlands größtes Problem zu sein, größer als die Ukraine oder irgendein anderes Thema. In der Tat hat die China-Frage die deutsche Sicherheitsstrategie, die in der dritten Februarwoche 2023 auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgestellt werden sollte, monatelang verzögert. Sie wurde schließlich im Juni in einem rund 60-seitigen Dokument vorgestellt.

Das Dossier wirft einen neuen Blick auf Peking und spricht sich dafür aus, dass Deutschland unabhängiger von dem asiatischen Land sein sollte. In dieser Hinsicht wird vorgeschlagen, eine Art Lehre aus dem Russland-Ukraine-Konflikt zu ziehen. Deutschland will in kritischen Infrastrukturen wie der Energieversorgung nicht von einer einzigen Nation abhängig sein.

Bei dem auf einer Pressekonferenz vorgestellten Dokument handelt es sich um eine Leitlinie, deren Umsetzung zuweilen schwer vorstellbar ist, so dass sie zweifellos eine der wichtigsten Triebfedern der Diplomatie darstellt. Es bleibt kein Zweifel bestehen, dass Deutschland, wenn es sich von China unabhängiger machen will, nach Partnern suchen muss und das Mercosur-EU-Abkommen daher eine Schlüsselrolle spielen wird, insbesondere um den Einfluss des asiatischen Riesen in der Region zu verringern.